St. Martinstag DER Steuerzahltag seit alters her

Dem Schutzpatron der Franken, Martin von Tours, ist der Martinstag 11.11. geweiht. Der 11.11. war und ist seit alters her ein Steuerzahltag. An diesem Tag wurden die Steuerzahlungen für die Gutsherren fällig, auch Pachtzahlungen mussten bezahlt werden. In den bäuerlichen Kulturen wurde im Gegensatz zu unserer heutigen modernen Geldwirtschaft die Zahlung nicht mit Geld geleistet, sondern mit Naturalien. Am 11.11. war die Ernte eingebracht und die Gänse schlachtreif. Daher wurden die Gänse als Zahlungsmittel verwendet. In unseren modernen Zeiten ist das Gefühl für Tauschwerte und Zahlungsmittel ein Stück weit verloren gegangen. Im ländlichen Raum wird heute noch die Frage gestellt, ob man ein “Gerstl” hat. Gemeint ist damit die Frage, ob man Gerste besitzt. Gerste war das Standardfutter für das Hausschwein, jeder Haushalt hatte sein Hausschwein und benötigte natürlich Futter. Somit war Gerste ein ideales Tauschmittel, somit auch Geld, weil es für jeden den gleichen Wert hatte und damit fungibel war. Die Gänse stellten somit zum Winterbeginn ein ebenso taugliches Tauschmittel dar.

Die Bedeutung dieses Steuerzahltages war so wichtig, dass die Kirche diesen Feiertag dem heiligen Martin gewidmet hat, dessen Todestag der 8.11. ist. Der Tag seines Begräbnisses war der 11.11. Martin war, wie die Legende berichtet, ein römischer Offizier, der nach seiner Militärkarriere das erste Kloster bei Tours gründete, wo in einem Seitenschiff der Klosterkirche sein halber Mantel aufbewahrt war. Das römische Wort für diesen Kapuzenmantel ist “capella”. Das Wort Kappe, cape leitet sich davon ab. Das Wort Kapelle leitet sich auch aus diesem Wort ab. Kapelle bezeichnet somit den Ort, wo sich der halbe Mantel des heiligen Martin, befunden hat. Offenbar war Martin für die Menschen sehr wichtig. Martin wurde von der katholischen Kirche als erster Heiliger verehrt, der nicht als Märtyrer starb. Übrigens alle Superhelden im Marvel Universum tragen auch einen Kapuzenmantel, echte Helden tragen offenbar immer einen Martinsmantel. Soweit ich mich erinnere kommen auch Harry Potters Zauberer nicht ohne eine capella aus. Letztlich hat auch Superman sein rotes cape.

Seine Verehrung findet auch durch den Laternenzug der Kinder in unseren Gemeinden immer noch seine Fortsetzung. Die Legende besagt, dass die Gläubigen durch den Laternenzug zum Bischofsitz von Tours lautstark kundgetan haben, dass Martin Bischof werden soll. Sie wollten einen Bischof, der auf die Menschen zugeht und sich nicht hinter Mauern fern der Gemeinde verschließt. Die Gänse, die zum Martinsfest verzehrt werden, müssen bis heute ihren Preis dafür bezahlen. Ob er letztlich von den Gansl´n verraten wurde, bleibt unserer Phantasie überlassen. Übrigens mit dem Ende der Gänse geht auch jenes der Karpfen einher. Sie fressen die Ausscheidungen der Gänse im Teich und werden nach eine Frist des Ausschwemmens der Schadstoffe am 24.12. verzehrt.

Die Bedeutung des heiligen der Franken erkennt man auch in der Tatsache, dass die Mauren bei Tours und Poitiers aus Europa vertrieben wurden, weil sie das Grab Martins zerstören wollten. Die Franken und befreundete Stämme stellten sich bei Tours den Angreifern und wehrten sie erfolgreich ab. Eine Verehrung, die uns heute noch staunen lässt.

Auch das französische Herrschergeschlecht der Franken, die Kapetinger leiteten den Namen ihres Geschlechts vom Wort Kapelle, von der Cappa des heiligen Martin ab. Man denke, dass Louis Capet, also Louis XVI, ein Kapetinger, im Zuge der französischen Revolution enthauptet wurde.

Martin hat in unserer Kultur einen bedeutenden Anteil, der auf den ersten Blick vielleicht nicht sichtbar ist. Der 11.11. ist ein Steuerzahltag, ihre Einkommensteuervorauszahlung wird übrigens am 15.11. fällig, er ist aber auch der Beginn eines neuen Jahres, da die Erntezeit endet und der Winter den Beginn eines neuen Wachstums- und Erntezyklus bedeutet. Es ist ein Tag der Abrechnung und des Innehaltens, nicht nur seine Steuerlasten zu errechnen, sondern auch für den Empfänger der Steuern, darüber nachzudenken, dass auch der Staat eine Verantwortung hat für die Steuern, die er erhält. Es hat der Gebende eine Verantwortung den richtigen Anteil zu geben. Der Nehmende ist dafür verantwortlich pfleglich mit dem ihm Anvertrauten umzugehen.

Martin ist somit heute heute noch ein Vorbild für unsere Gesellschaft und spiegelt unsere Kultur wider, wie kein anderer. Martin wurde in Savaria, Pannonien geboren und musste nach dem Edikt des Diokletian den Beruf seinen Vaters ergreifen. Damals war die Inflation im römischen Reich so hoch, dass Kaiser Diokletian es bei Todesstrafe verbot einen anderen Beruf als der Vater zu ergreifen. Man wollte damit verhindern, dass nicht lukrative Branchen aufgegeben wurden. Damit einhergehend gab es ein Preisedikt, wo es den Bürgern verboten wurde ihre Preise an die Geldentwertung anzupassen. Die Geschichte des Martin, der gar kein Soldat werden wollte und der dem Bettler seinen Mantel gab, soll uns noch heute daran erinnern, dass ein Mann den Unterschied machen kann.

Dieser Gedanke ist grundlegend für unsere europäische Kultur. Im Gegensatz dazu ist den fernostasiatischen Kulturen der einzelne nicht wichtig. Dort steht das Kollektiv im Vordergrund, dass das System funktioniert. Der Einzelne hat sich dem Kollektiv unterzuordnen. Wir Europäer stehen dafür, dass jeder einzelne etwas zählt, dass jeder einzelne eine ausgemachten Rechte hat. Das ein einzelner den Unterschied machen kann. Denken sie an unsere populäre Kultur. In fast jedem Film geht es immer darum, das ein einzelner der Held ist, der den Unterschied macht. Das trifft auf James Bond und andere Filmcharaktere. Somit ist die Frage des Heiligen der Franken aktuell wie eh und je.